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Donnerstag, 28.03.2024
Sagen vom Silberbrunnen
Am Silberbrunnen bei Selb
Am Silberbrunnen bei Selb
An einem Johannistag saß ein armer Köhler neben seinem Meiler, der in der Nähe des Silberbrunnen bei Selb aufgerichtet war. Er hatte eben das Mittagessen eingenommen und hielt nur noch ein Stück trockenes Brot in der Hand.
Als er einmal aufblickte, sah er vor sich ein kaum kniehohes Männchen stehen, das einen langen grauen Bart trug und von Kopf bis Fuß grün gekleidet war. Mit zarter Stimme bat es um einen Bissen Brot. Gerne erfüllte er den Wunsch des Zwerges und heißhungrig verschlang dieser das Brot. Er trippelte daraufhin dem Walde zu und winkte mit beiden Armen dem Köhler, doch zu folgen.
Dieser besann sich nicht weiter und tat es. Plötzlich standen beide vor einem Felseneingang, der zu einer weiten Halle führte.
Da kam der Mann freilich aus dem Schauen und Staunen kaum mehr heraus. Nicht allein, dass aus grauem, feuchtem Stein mächtige Silberadern funkelten; auf dem Boden des unterirdischen Raumes lagen Gold und Silber zuhauf. Da erschrak der Köhler, als ihn die Stimme des Männchens aus seiner Versunkenheit riß: "Nimm von den Schätzen, soviel du willst! Doch bevor du wieder zur Erde zurückkehrst, sprich ein kurzes Gebet für uns beide, für dich und für mich!"
Vermutlich hatte der Köhler die letzten Worte gar nicht richtig aufgenommen, weil er so sehr mit dem gebotenen und mitzunehmenden Reichtum beschäftigt war. Und schon stürmte er mit vollen Taschen aus der Halle und durch die Tür in den hellen Sonnentag hinaus. Mit dem ersten Schritt, den er auf den Moosboden tat, spürte er, dass sein Tascheninhalt zu glühen begann und seine Kleider versengten. Da lief er kurz entschlossen zu dem Wasser, das aus dem Silberbrunnen rann, um den Brand zu löschen. Als er schließlich in die Taschen griff, um sich seiner Schätze zu freuen, fand er nur wertlose Schlacken in den Händen. Jetzt fiel ihm mit Schrecken die Bitte des Zwergleins ein, das Gebet nicht zu vergessen. Sie war ihm in seiner Habgier aus dem Sinn gekommen. Doch die bitter empfundene Reue half nicht.
Trotz langen Suchens waren weder Männlein noch die Höhlenpforte wieder zu entdecken.
Nach Hans Saalfrank: "Am Silberbrunnen bei Selb, in: Der Siebenstern 1950, S. 85"
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